Aufgrund eines flirtigen Chats mit R. und dem Spielen mit Ideen für Szenarien kamen wir auf ein Verhörszenario. Dass er das gerne mit mir machen würde – Mindfuck und Torture… An sich bin ich für sowas immer Feuer und Flamme gewesen, ich habe diese Fantasien, Torture besonders… Aber, ich kann Angst und Panik nicht mehr ertragen als Spielelement … Ich wusste ungefähr warum, hatte das aber nie richtig hinterfragt. Also bat ich R. darum, darüber schreiben zu dürfen. Ich durfte.
(Für die, die genervt sind von meiner Aufarbeitungsarbeit, die Sternchen sind der Hinweis, dass ihr nicht mehr weiterlesen solltet *g*)
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Es war das Dritte Treffen, meine dritte BDSM-Erfahrung überhaupt… Ich muss das dazu sagen, weil alleine das schon genug Erklärung ist, warum das einfach zuviel war. Und H. hätte das wissen müssen. In jedem Buch, das ich gelesen habe, steht drin, dass Dinge wie Kapuzen etc. etwas für Fortgeschrittene ist, jeder Dom, dem ich das hinterher erzählt habe, hat mit dem Kopf geschüttelt. Ich würde mich selbst heute noch nicht in diesem Stadium sehen, hätte ich damals gewusst, was ich heute weiss, ich hätte das Ganze beendet. Ich habe H. sogar noch die Auszüge aus dem Buch geschickt und wir haben darüber gelacht. Nun, ich habe damals nicht die ganze Wahrheit erzählt und so von ihm keine Hilfe gefordert. Aber nach diesem Erlebnis ist der erste Drop passiert und den haben wir nie aufgearbeitet. Und so steckt das alles noch in mir drin und ich habe Angst.
Was war passiert? (Den Originalbericht kann man hier nachlesen)
Wir hatten verabredet, dass ich auf meinem Teppich kniend, auf ihn Warte … Im Korsett, mit geschlossenen Augen. Er würde klingeln, ich würde ihm aufmachen und mich dann auf meine Position zurückbegeben.
So haben wir das gemacht, er kam dann rein, kniete sich neben mich, stülpte mir einen Turnbeutel über den Kopf aus dem er ein kleines Loch schnitt, damit sein Schwanz reinpassen würde, knotete den Beutel zu und legte mir das Halsband an. Dann sagte er „Wenn Du Dein Safeword benutzt, stehe ich auf und gehe – hast Du das verstanden?“
Ich wiederhole es gerne nochmal – Beim dritten Treffen.
Ich bin sowieso nicht gut beim safeworden, nun hatte ich also auch noch Angst verlassen zu werden, wenn ich mein Safeword nutze. Ich war also unter dieser Maske, fand das Loch extrem klein, durch das Klima unter der Maske lief mir die Nase, ich konnte also nur noch durch den Mund Luft holen. Ich hörte die Handschellen, fühlte sie, bekam Panik – beim letzten Mal Handschellen hatte ich wochenlang taube Finger… er wusste das Handschellen und ich uns nicht gut vertragen, aber ich konnte nichts sagen – ich durfte nicht safeworden, sonst wäre er weg… Also hoffte ich und justierte meine Handgelenke so gut es ging… DT – ich bekam durch die Nase keine Luft, ich konnte ihm das nicht sagen, er konnte meine Augen nicht sehen, ich konnte nicht safeworden, sonst wäre er weg…. Mir liefen die Tränen, er konnte das nicht sehen … Er wechselte Positionen, legte mir Ledermanschetten an, die er mit dem Halsband verkettete … Ich kenne meine Schulter und meine Arme… Ich wusste, dass ich diese Position nicht lange würde halten können… Ich konnte es ihm nicht sagen, ich konnte nicht safeworden, sonst wäre er weg… Ich konnte ihn nicht sehen, nicht in seinen Augen lesen, ob er weiss, wie es mir geht… „Kann er sehen, dass ich keine Luft bekomme, wird er merken, wenn ich ersticke“…. Ich wurde panisch, das Mundloch verrutschte, ich versuchte mit der Zunge, die Maske zu justieren, wenigestens dieses kleine Atemloch muss mir bleiben… Ich hatte Panik… Mir liefen die Tränen, mir lief die Nase, ich bekam keine Luft außer durch den Mund, er machte weiter mit DT, bei den Bewegungen senkten sich meine Hände tiefer und tiefer, ich schnitt mir mehr und mehr die Luft ab und er machte weiter… Ich konnte nicht safeworden – er wäre sonst weg…. Ich habe mich irgendwann aufgerichtet und mit dem Körper „gesafewordet“ – er ist nicht gegangen… Aber es war weiterhin dunkel…. Ich habe versagt… Ich bin schwach
Das ist in einem Rutsch runterschrieben, was damals in meinem Kopf vorgegangen ist… Ich habe danach nie wieder auch nur ansatzweise darüber nachgedacht mein Safeword zu benutzen, dieser Satz hat sich in mein Hirn gebrannt. Ich habe Kontrollverlust erlebt und habe Panik bekommen…. Ich hatte keine Kontrolle über meinen Körper mehr, nicht über meinen Atem, ich hatte keinen Weg der Kommunikation, ich war total ausgeliefert… Totales Vertrauen eingefordert – beim dritten Treffen, beim dritten Mal BDSM.
Die weitere Session war schon ein Erlebnis, die Tränen trockneten, ich verdrängte, was da gerade mit mir passiert war. Ich weiss, dass er die Tränen gefühlt hat… Er hat irgendwann geschrieben „Denkst Du wirklich,dass ich gegangen wäre?“ – diese rationale Frage, Tage später, hat mich nicht wirklich beruhigt. Ich weiss, dass ich ihm hinterher gesagt habe, dass wir den Turnbeutel nicht mehr verwenden und dass diese Fesselsituation nicht geht für mich… Ich habe dabei gelächelt, wollte nicht, dass er sieht, wie sehr mich das mitgenommen hat, weil er sonst gegangen wäre – zu anstrengend, zu kompliziert, zu „standard“ … Ich hatte Angst… Angst, dass er geht, dass er es nicht versteht… Dass ich uninteressant werde – die anderen können sowas doch auch, da muss ich mithalten… Meine Grenzgänge, meine Schmerzbereitschaft, mein blindes Vertrauen – das sind meine USPs, damit kann ich mich interessant machen, damit kann ich seine Aufmerksamkeit haben, damit bekomme ich Zeit von ihm….
Danach fuhr er für 3,5 Wochen in den Urlaub, ich habe ihn 5 Wochen nicht gesehen. Ca. 1 Woche später fing der erste Drop an… (Nachzulesen hier und hier und hier ). Am Anfang bekam ich Emails wie „WAS IST DENN LOS MIT DIR?“, wirklich, in Grossbuchstaben… Er kannte Drops nicht, er wusste garnicht, dass es sowas gibt… Er fühlte sich aber auch nie verpflichtet, sich nachträglich darum zu kümmern. Ich glaube, dass er den ersten Drop nicht ernst genommen hatte. Für ihn war das ein weiteres Zeichen, dass ich ihn verliebt war und Aufmerksamkeit erschleichen wollte. Ich habe es aus Scham und aus „ich will ihn nicht nerven“ nie wieder angesprochen… Ich dachte ja auch, dass das irgendwie „normal“ ist, ich hatte keine Vergleichsmöglichkeiten, wusste nicht, dass und wie es anders geht.
Ich schrieb damals:
Bei uns gibt es ja mittlerweile fast keine Limits mehr und auch wenn ich ein Safeword habe, spielen wir heute “ich habe kein safeword” … bzw. der Deal war… ich kann mein Safeword benutzen, aber dann steht er auf, zieht sich an und geht… *gngngng*
(Bevor hier jetzt alle BDSM-Kenner und Doms aufschreien “DAS geht nicht, das ist schlechtes Domverhalten” – das war so abgemacht, wir “üben” für CNC … auf meinen Wunsch hin… Also Ruhe! *g*)
Es stimmt, ich war so naiv zu glauben, dass ich mich mit CNC für ihn unverzichtbar mache … Ich glaube er wusste damals schon, was das mit mir machen würde…. Er sagte damals Dinge wie „Ich habe Angst, was das danach mit Dir macht“ … Er hatte Recht – es hätte mich zerstört… Und er hätte es nicht auffangen können.
Fies – er verband mein Halsband mit meinen hinter dem Rücken verschränkten Armen… sinken die Arme, würge ich mich selber… DAS war dann wirklich Panik pur… weil ich während DT ja eh am “Ersticken” bin (ich weiß, ich übertreibe ein wenig… Büsschen!), beim Wegwühlen von ihm habe ich mir aber dann tatsächlich selber die Luft abgeschnürt… ich mußte mich aufsetzen, gegen den Druck seiner Hand, und dann hat er die Installation aufgelöst… (für mich fühlte sich das wie körperliches Safeworden an, aber das ist dann vielleicht das Talent des Doms zu unterscheiden, wie “ernst” eine Reaktion ist…?)
Es steht soviel „Falsches“ in diesen Sätzen, würde mir heute eine sub sowas beschreiben, ich würde ihr sagen, dass sie diesen Dom verlassen soll. Heute verstehe ich ansatzweise, sicher noch nicht ganz, wo diese Panik herkam. Sicher auch daher, dass dieser Satz am Anfang der Session gefallen ist, sicher auch daher, dass selbst wenn ich hätte safeworden wollen, ich dies nicht gekonnt hätte…. Wie denn? Dass ich es dann vielleicht trotzdem nicht mache, das liegt dann an mir – aber ich brauche die Option… ein kleines bisschen Restkontrolle… Und ob H. immer so genau weiss, wie knapp solche Situationen für die sub sind? Mit dem Wissen von heute wage ich das durchaus anzuzweifeln. Ich weiss, dass ich keine „einfache“ sub bin, sicher durch solche Dinge keine einfachere sub geworden bin… Wunschzettelsub, Kampfsub…. Ja, aus Gründen… Ich weiss nicht, ob ich jemals wieder in der Lage sein werde, das zu machen, was ich mir so sehr wünsche – die Kontrolle abzugeben… Mich auszuliefern… Bedingungslos mein Leben in die Hand eines anderen Menschen zu geben und zu vertrauen, dass dieser darauf aufpasst… Und auch darauf aufpasst, dass keine seelischen Schäden entstehen und wenn sie entstehen, sie mit mir aufzulösen. Mir nicht das Gefühl zu geben, dass ich versagt habe… Dass ich anstrengend und kompliziert bin… Dass ich es besser hätte machen können, dass andere es besser können als ich und deswegen interessanter sind… Die Angst ist weiterhin da… Gestern reichte ein kleiner Ausblick auf ein Szenario von R. aus, um mich zusammenbrechen zu lassen., Die Tränen kullerten… Ich wollte, nein ich will das so gerne wieder können, aber ich kann noch nicht… Ich habe Angst…
Ich schrieb ausserdem:
Bei mir, und das möchte ich extra betonen, weil es glaube ich mind. 2 verschiedene Trigger für subdrop gibt – positive und negative… Bei mir auf jeden Fall positive, da gibt es überhaupt keine Frage und Diskussion… Ich denke, daß ich auch mittlerweile weiß, was die Erinnerungslücken zu bedeuten haben und das basiert alles (ALLES – wer es nicht verstanden hat, hier nochmal in groß) auf positiven Erlebnissen.
In den Foren wurde zuerst abgefragt, ob mein Dom gut zu mir ist, richtiges aftercare betreibt, das Fingerzeigen ging da ganz schnell in eine Richtung, die total falsch ist. Der arme Mann hat alles richtig gemacht und kann da überhaupt nichts dafür, im Gegenteil… ich bin ihm weiterhin sehr dankbar, daß er mir immer wieder aufzeigt, daß diese Welt meine Welt ist, daß ich da reinpasse, daß mir das Spaß macht und mich endlich angekommen fühlen lässt.
Achja *seufz* Ich habe immer versucht H. vor mir und vor anderen in einem guten Licht dastehen zu lassen, Loyalität bis ins Knochenmark…. Natürlich war der subdrop nicht durch einen positiven Trigger verursacht, keiner meiner Drops hatte einen positiven Background… Weil H. mich verlassen hätte, wenn ich es anders gesagt hätte … Er sagte damals in einer Email ungefähr etwas in der Tonaliät von „Wird das jetzt jedesmal passieren, wenn wir spielen?“ … Er sagte dann zwar, dass das nicht so gemeint sei…. Aber die Aussage stand im Raum… Keine Schwierigkeiten, Keinen Zeitaufwand, Nicht kompliziert… Also spielte ich alles runter, sagte ihm nicht mehr, wenn es mir schlecht ging, fing nicht an die Themen mit ihm aufzuarbeiten… Seine ganze Haltung mir gegenüber vermittelte mir „wenn Du kompliziert wirst, gehe ich“. Es ist also nicht seine Schuld, dass er mir nicht geholfen hat – er wusste von den meisten Dingen nichts. Ich stelle aber weiterhin die These auf, dass ein guter Dom garnicht erst wartet bis die Dinge eskalieren, sondern von sich aus um Kommunikation bemüht ist. Sich mit dem Wesen seiner sub beschäftigt und versucht sie zu verstehen. Und vorallem, dass er eine angstfreie Kommunikation anbietet.
Es braucht keinen Psychologen um zu verstehen, warum unsere Zeit geprägt war von guten Zeiten bei den Treffen und schlechten Zeiten zwischen den Treffen. Mir ging es jedesmal schlecht, ich durfte das nicht zeigen oder sagen, ich wollte seine Aufmerksamkeit und holte mir die auf dem einzigen Weg, den ich kannte… Streit-Provokation…. *seufz* Der Rest ist Geschichte.
Man kann ihm an diesen Stellen nur bedingt eine Schuld zu sprechen, wenn die Frauen, mich eingeschlossen, nicht mit ihm reden, dann kann er auch nicht reagieren. Nun, ich habe mit ihm geredet, sehr ehrlich und er hat alles dafür getan, dass ich das schnellstmöglich nicht mehr konnte. Es brauchte eine weitere sub, die ihm gestanden hat, dass es ihr schlecht ging … und auch ab und an noch schlecht geht, nach den Treffen mit ihm, damit er es ernst nimmt. Vielleicht hat er mich nachträglich ernst genommen. Da war und ist es dann allerdings schon zu spät.
Was ich damals auch noch schrieb:
Der Autor (Jay Wiseman, SM 101) meint das ganz sicher nicht so, er weist nur auf sehr ausführliche Art und Weise auf die Gefahren hin, die existieren – keine Frage!
Aber wenn man das alles liest, bevor man überhaupt irgendwelche praktischen Erfahrungen gesammelt hat, fängt man wahrscheinlich garnicht erst an – oder fordert von seinem Spielpartner Dinge, die den dann gleich schreiend wegrennen lassen.
Hachja, ich werde das Buch nochmal lesen müssen. Ich will es nochmal lesen… Bewusst … Mit meinem Wissensstand von heute… Ich werde mich nicht mehr lustig machen darüber… Und ich fordere mittlerweile viel mehr von meinen Spielpartnern, ich bin sehr viel vorsichtiger… Wie gesagt, das macht es für mich sicher nicht einfacher einen Dom zu finden.
Es kostet mich auch bei R. sehr viel Kraft ihm zu sagen, was geht und was nicht geht. Ich bin an dieser Stelle sausensibel geworden… Es kämpft die sub, die sich hingeben will, mit der sub, die aufpasst…. Das ist so anstrengend und zermürbend… Und es trifft die Falschen… nicht den Verursacher, sondern die, die versuchen, es besser zu machen.
Was habe ich aus dem Schreiben dieses Textes gelernt?
Viel…. Ich habe erkannt, dass es nicht die Maske war oder die Fesselhaltung, die damals der Auslöser war, sondern der Satz, das Szenario und mangelndes Aftercare… Ich bin (noch) nicht bereit für Kontrollverlust… Ich brauche die letzte Möglichkeit etwas zu stoppen und zu wissen, dass der andere mich nicht verlässt, verurteilt oder gar verachtet. Das ganze Szenario war komplett auf meine Verlustangst ausgerichtet… Das steht auf meiner Hardlimitliste „Spiele nicht mit meinen emotionalen Triggern: Verlustangst, Liebes-/Aufmerksamkeitsentzug, keine erniedrigenden Kommentare zu meiner Figur“ … Meine Limits wurden nicht beachtet… Ich habe vertraut und habe verloren… Zum Grossteil mich selber, meine positive Naivität… Meine Möglichkeit, mich fallen zu lassen, zu vertrauen…
Mein Ziel:
Ich möchte wieder vertrauen können… Ich werde – in kleinen Schritten – mutig sein… Ich werde auch weiterhin über meinen Schatten springen und unangenehme Dinge ansprechen oder Dinge, die mir schwerfallen, weil sie peinlich oder persönlich sind… Ich werde daran arbeiten… Ich werde mich darüber nicht mehr definieren… Ich bin stärker als das, aber ich werde besser auf mich aufpassen müssen.