Ich kannte ihn nicht, gefolgt bin ich ihm schon lange, seine Artikel habe ich immer zeitverzögert gelesen … Zu nah seine Themen, zu bewegend seine Artikel, zu gefährlich die Beschäftigung damit.
Es rauschte vorgestern durch mein Bloggyversum, erst gestern Abend schaffte ich es, den letzten Beitrag zu lesen.
Sein Abschiedsbrief – Am Ende
Ist es wirklich feige und armselig, wie er schreibt? Sind die erzürnten und enttäuschten Stimmen, dass er sich keine Hilfe geholt hat, berechtigt? Darüber kann und hat keiner zu urteilen. Ich stand schon mehrmals vor diesem verlockenden Glas mit Süßigkeiten, die mein Leben beendet hätten. „Du bist eben eine Kämpferin“ – mag sein. Aber das ist so unendlich anstrengend und mitunter frustrierend. Wäre es feige gewesen, wenn ich mich für den Ende des Schmerzes und der Traurigkeit entschieden hätte? Wäre das feige?
Wenn die Stimmen im Kopf zu laut wurden, die mir sagen, dass ich NICHTS wert bin. Eine Täuschung – eine Enttäuschung.
Wenn die Stille so laut ist wie ein Düsenjet.
Wenn die Welt und alle Menschen zuviel werden und gleichzeitig der Drang nach Nähe so wahnsinnig groß werden.
Meine Selbstzweifel waren zu mächtig, mein mir selbst beigemessener Wert zu gering. Ich habe mich am Ende selbst nicht geliebt und war nicht in der Lage, anderen Liebe entgegen zu bringen.
Man kann schlechte Einflüsse und Einflüsterer von Außen abblocken oder man kann es zumindest versuchen. Was man oft nicht kann oder nur mit Hilfe von Drogen und Alkohol (oder SM) ist die inneren Stimmen, Kritiker, Zweifel zum Schweigen zu bringen.
Ich habe diese Stimmen noch. Sie sind mal lauter und mal leiser, aber sie sind immer da. Schlummern im Hintergrund und warten darauf, dass ich nachlässig werde… unkonzentriert … unaufmerksam. Ich habe gelernt gegen sie „anzureden“. Noch schaffe ich das nicht, nicht so, dass sie aufhören. Aber sie verschwinden schneller.
Das heisst leider nicht, dass ich glaube, was ich mir selbst sage. Aber die Stimmen macht es leiser und dafür bin ich schon mal dankbar.
Ich kommuniziere das nicht mehr, nur noch meiner Therapeutin und den 2 Besten. Es gibt da irgendwie ein Verfallsdatum in der Gesellschaft. Irgendwann will keiner mehr was darüber hören, sich damit nicht beschäfitgen, darüber nicht mehr sprechen. „Du bist doch in Therapie, ist doch alles gut jetzt“. Es wird nicht mehr gefragt und dabei übersehen, dass es so wichtig wäre, weil die Hemmung darüber zu sprechen SOOOOO riesengroß ist. Es ist müßig sich zu erklären, wenn die Wahrnehmung der Umgebung fest gesetzt schein.
Eine Hand reichen, Interesse zeigen, Anteilnahme, Mitgefühl… Kurz der Nachbarin das Ohr leihen, die Hand auf die Schulter legen, ein Lächeln schenken.
Ich bin nicht perfekt, aber das zumindest kann ich ganz gut. Ich mache das bewusst. Weil ich denke, dass es wichtig ist. Ich vermisse das bei Anderen. Ich hätte auch gerne eine Hand auf der Schulter. Ein Lächeln.
Schaut in jeder Situation gemeinsam nach vorn. Seit achtsam mit euch selbst und dann aufeinander. Macht die Welt im Großen wie im Kleinen wieder zu einem guten Ort. Lebt den Gedanken, dass das gemeinsam im Miteinander möglich ist, weiter. Das wäre mir ein letzter Trost. Vielleicht bekommt mein Dasein dann doch noch einen Sinn.
Dass ich blogge, dass ich zuhöre und meine Menschen wahrnehme, dass ich Ihnen Zeit und Aufmerksamkeit schenke – das sind meine (vielleicht erfolglosen) Versuche, die Welt – MEINE Welt – ein kleines bißchen besser zu machen.
Ich kannte Hannes nicht persönlich, aber seine Einträge sind lesenwert, bewegend und haben viele Menschen berührt.